Energie, Kraft, Ästhetik in ihrer lebendigsten Emanation ist für mich immer das Pferd gewesen. Dieses prachtvolle Tier begleitet uns schon seit tausenden von Jahren, wurde von uns für unsere Zwecke geformt, hat uns aber auch „zurückgeformt“. „Denn nichts ist so charakterbildend wie das Zusammensein mit und das Ausbilden von Pferden. Wir finden durch sie unsere Wurzeln wieder.“
(Bent Branderup, Akademische Reitkunst)
Mein Grossvater
Schon seit langer Zeit beschäftigt mich die geschichtliche Entwicklung des Pferdes. Aber erst durch den oben zitierten Reitmeister wurde mir wirklich klar, wie eng diese Entwicklung mit unserer Historie verknüpft ist. Kaum eine Kulturleistung, keine Schlacht, kein Feldzug hätte so stattgefunden, ohne die Kraft und die Leistungsbereitschaft der Pferde.
Die Zuchtziele wurden durch jede neu erfundene Waffengattung immer weiter modifiziert und wandelten das Pferd in Europa zunehmend vom muskelbepackten Tänzer zum ausdauernden Renner. Im zweiten Weltkrieg fand dann diese Entwicklung ein furchtbares Ende. Beinahe die gesamte polnische Kavallerie wurde in den ersten Kriegswochen in verschiedenen ungeheuren Schlachten aufgerieben. Bis anhin hatte diese ausgezeichnet organisierte Kavallerie immer kriegsentscheidende Bedeutung gehabt. 1939 wurde sie vernichtet.
Nach etlichen tausend Jahren gemeinsam ausgefochtener Kriegsgeschichte hatte „Kamerad Pferd“ nun also ausgedient. (Auch die deutsche Kavallerie wurde 1941 aufgelöst und durch motorisierte Verbände ersetzt.) Bei dem Projekt HORSE PROJECT, an dem ich zur Zeit arbeite, geht es zunächst um das Ende dieser polnischen Kavallerie. Es geht mir auch um eine Zeit, in der gutes Reiten noch selbstverständlich war, einfach weil es lebensentscheidend war. Darüber hinaus geht es mir grundsätzlich um die Beziehung von Mensch und Pferd. Der Arbeitstitel dieses Projekts lautet «Wohin?»
